von
BETTINA KÜSTER


Emma ist ein Hund mit dem sogenannten Deprivationssyndrom, mittlerweile hat sie nur noch einen Deprivationsschaden. Es gibt mittlerweile so viele Hunde mit diesem Syndrom oder Schaden. Ich möchte zur Aufklärung  beitragen. Ich bin überhaupt nicht dafür, einen Hund in eine Schublade zu stecken, doch zu wissen, warum mein Hund diese oder jene Verhaltensweise an den Tag legt, ist sehr wichtig für Hund und Halter.

Was bedeutet also Deprivationssyndrom oder -schaden?

Viele Hunde haben dieses Syndrom, insbesondere Hunde aus dem Auslandstierschutz oder aber auch Hunde von Vermehrern. Sie sind reizarm aufgewachsen und u. a. sehr ängstlich. Viele dieser Hunde leiden auch an einer Neophobie (Angst vor allem was neu ist). Das sind nur einige der Symptome. Für das Zusammenleben mit einem Deprivations-Hund benötigt man einiges an Wissen sowie Geduld und Fingerspitzengefühl.
Reine Konditionierung ist hier erst mal fehl am Platz, denn nun heißt es Vertrauen aufbauen, was nicht durch das Erlernen und Befolgen von Signalen erfolgen kann. Denn logischerweise wird mir mein Hund folgen, wenn er mir vertraut.
Emma war damals, als sie zu mir kam, völlig traumatisiert. Ich bombardierte sie mit Signalen und Kommandos. Sie war völlig überfordert und ich genervt weil sie nicht hörte. Ich stand unter mächtigem Druck, den ich mir selbst gemacht hatte. Sie sollte hören wie ein gut erzogener Hund. Doch das Gegenteil war der Fall, je mehr ich von ihr forderte, desto weniger tat sich auf unserer Beziehungsebene.
Unsere Kommunikation funktionierte überhaupt nicht. Kommunikation ist meist verknüpft mit Interaktionen. Sie ist eine Verhaltensweise bei der Absichten und Stimmungen mitgeteilt werden. Meine Stimmung war aufgrund der Tatsache, dass nichts funktionierte nicht gut und da Emma ein sehr sensibler Hund ist, hat sie auf meine Forderungen sofort reagiert, in dem sie nämlich gar nicht reagiert hat. Die Übertragung der Informationen vom Sender zum Empfänger war total gestört.
Nach Monaten resignierte ich und gönnte Emma und mir eine Trainingspause. Auf einmal war sie wie ausgewechselt und sie kam zu mir, wenn ich sie rief und sie blieb bei mir, ohne vor mir davon zu laufen. Sie erlebte mich ohne Druck und Stress und das schien ihr zu gefallen.
Doch es war auch ein steiniger langer Weg bis hier hin, denn damals wusste ich noch nichts von dem sogenannten Deprivationssyndrom. Im Jahr 2012 besuchte ich ein Deprivationsseminar bei Maria Hense.
Heute ist sie Weltmeisterin im Apportieren, sie trailt gerne und ist Profi in der Verlorenensuche. Das alles hätten wir zusammen nie geschafft, wenn sie mir nicht vertrauen würde. Ich habe fortan ihre körpersprachlichen Signale immer berücksichtigt und akzeptiert. Aber viel wichtiger war auch die Erkenntnis, nur mit ihr zu arbeiten, wenn ich auch entspannt bin, denn sonst geht der Schuss nach hinten los.

Leider verwechseln viele Hundehalter die Verweigerung der Zusammenarbeit mit Ungehorsam ihres Hundes. Das ist natürlich völliger Quatsch. Hunde die mitarbeiten, obwohl sie keine Lust haben oder die Übung nicht mögen, können nicht anders, bzw. haben gelernt: Wenn ich nicht mitarbeite, dann bekomme ich eine Strafe. Das gibt es leider sehr oft im Hundetraining. Die konditionierten Hunde, die alles machen was der Mensch will, wann es der Mensch es will, nur nicht was sie selber wollen.
Denn wie Turid Rugaas schon sagte:
„Denken sie nicht so viel an das Einüben von Kommandos. Denken sie lieber an die Beziehung zwischen ihnen und ihrem Hund – der Rest kommt von selbst.“

In diesem Sinne, trainiert ihr noch oder lebt ihr schon mit eurem Hund zusammen?

Bettina Küster
Hundepsychologin nTR
www.gute-laune-dogs.de

Der 2. Teil Deprivation und wie sie sich äußert können sie bald in diesem Blog lesen.