VON
BETTINA KÜSTER
Mit einem Haustier zu leben kann uns viel über erfolgreiche Kommunikation und Empathie lehren.
Was bedeutet Empathie überhaupt?
Empathie bezeichnet die Fähigkeit und Bereitschaft, den emotionalen Zustand eines anderen Empfindungsfähigen zu erkennen und zu teilen. Wir Menschen sind in der Lage unsere Emotionen durch Sprache auszudrücken. Tiere können ihre Emotionen nicht durch Sprache, sondern durch Körperhaltung, Laute, Gestik, Mimik sowie chemische Signale wie Gerüche und Pheromone ausdrücken.  Während die Kommunikation zwischen Individuen verschiedener Spezies wahrscheinlich schwierig sein wird, ist es unter Individuen gleicher Art aufgrund des gemeinsamen genetischen und ökologischen Hintergrunds normalerweise einfach.

Kommunikationsprobleme auch bei Menschen
Aber auch zwischen Menschen können Kommunikationsprobleme entstehen. Jeder, der in einem  fremden Land Urlaub gemacht hat kennt das;  die Missverständnisse und Frustrationen, die dadurch entstanden sind, dass man nicht dieselbe Sprache spricht und nicht verstanden wurde. Dabei vergessen wir, dass Menschen, die eine andere Sprache sprechen, in einer anderen kulturellen Umgebung leben und akzeptieren Dinge nicht, die für diese Menschen normal sind. Diese Schwierigkeit in der Kommunikation, ist das was unsere Haustiere jeden Tag mit uns erleben. Haustiere und Menschen haben sehr unterschiedliche Sprachen und Wahrnehmungen der Umwelt.

Sprachen haben sich entwickelt, um die Kommunikation zwischen Individuen derselben Spezies zu fördern, die in einer bestimmten Umgebung leben. Was für die eine Art nützlich und sicher sein kann, kann nutzlos und bedrohlich für eine andere Art sein. Das gilt für Menschen, Hunde, Katzen und alle anderen Tiere. Die Domestikation des Hundes hat seine kommunikativen Fähigkeiten mit Menschen stark verbesssert; Hunde können menschliche verbale und Körpersignale vielleicht besser als jede andere Spezies verstehen. Der Hund ist in der Lage den emotionalen Zustand des Besitzers aus seinem Tonfall heraus zu verstehen und er wird nach einem Objekt greifen, auf das der Besitzer mit dem Finger zeigt.
Menschen, Hunde und Katzen
Menschen, Hunde und Katzen sind jedoch Spezies mit enorm unterschiedlichen kommunikativen Fähigkeiten. Ihre jeweiligen Sprachen haben sich in erster Linie für die Kommunikation innerhalb ihrer eigenen Spezies in ihrer typischen Umgebung entwickelt und dann teilweise an ein gemeinsames Leben angepasst. Katzen haben den größten Teil ihres evolutionären Lebens in einer Umgebung verbracht, in der sie keine Ressourcen teilen (es gibt nicht viel zu teilen, wenn die Beute eine kleine Maus ist!). Als Katzen anfingen, mit Menschen zusammen zu leben, tolerierten sie die Nähe des Menschen, weil sie sich dann weniger bedroht fühlten. Ihre kommunikativen Fähigkeiten waren jedoch relativ „arm“, da sie den größten Teil ihres evolutionären Lebens in Einsamkeit verbracht hatten. Das gilt auch nach wie vor noch für unsere schnurrende Hauskatze, die sich von uns 10 Minuten streicheln lässt und gemütlich neben uns auf der Couch liegt und wenn wir nicht auf die Körpersprache der Katze achten, könnte es sein, dass sie sich plötzlich umdreht und in unsere Hand beißt, um zu sagen: „Hör auf!“ Der Mensch liebt es, Hunde und Katzen  lange zu streicheln, zu umarmen und zu küssen, denn enger Körperkontakt ist eine weit verbreitete Art des Menschen, Zuneigung auszudrücken.
Evolution der Hunde
Sicher ist die Geschichte der Hundeevolution anders, denn Hunde waren schon immer soziale Tiere, die ihr Territorium und ihre Ressourcen teilen. Sie entwickelten anspruchsvolle kommunikative Fähigkeiten, die teilweise an das Leben der Menschen angepasst sind, und sie nutzen enge körperliche Interaktionen mit Artgenossen und Menschen. Aber genießen unsere Hunde die Überschwenglichkeit, die manche Menschen zeigen, wenn sie mit einem fremden Hund interagieren?
Um diese Fragen zu beantworten, beobachten wir zusammen, was die meisten Hunde tun würden, um einen anderen Menschen oder einen anderen Hund zu begrüßen.  Der Hund nähert sich einer unbekannten Person mit Vorsicht, während sein Schwanz wackelt und er ihn vorsichtig beschnüffelt, um Gerüche und Pheromone wahrzunehmen, die wichtige Informationen über den Mensch enthalten. Erst danach entscheidet der Hund den nächsten Schritt. Der wedelnde Schwanz signalisiert nicht nur Freude; er sagt nur, dass der Hund in einer sozialen Interaktion involviert ist. Wenn wir nun wissen wollen, was der Hund denkt, müssen wir uns den Rest des Körpers anschauen. Wenn er sich verbeugt, könnte er eine spielerische Interaktion beginnen. Wenn seine Ohren nach hinten gerichtet sind und seine Zunge wiederholt Nase und Lippen leckt, dann benötigt der Hund etwas mehr Zeit, bevor er sich einer engeren Interaktion nähert.  Es gibt zig verschiedene Verhaltensweisen, die ein Hund unter ähnlichen Umständen zeigen kann, und jede von ihnen hat eine andere Botschaft. Leider achten wir nicht immer auf diese Botschaften. Und wenn ein Hund kein aggressives Verhalten zeigt, gehen wir davon aus, dass es ihm gut geht. Also bewegen wir uns zu schnell vorwärts und beginnen eine enge körperliche Interaktion und der Hund fühlt sich bedroht.
Zuneigung angemessen kommunizieren
Die meisten befreundeten Menschen begrüßen sich mit Umarmen und Küssen. Doch nicht jedem Mensch behagt diese Begrüßung. Man sollte also bei der Begrüßung auf sein Gegenüber achten und die Menschen weniger überschwenglich begrüßen und das Verhalten der Menschen beobachten, um zu verstehen, wie man „Zuneigung“ angemessen kommunizieren kann. Das sollten wir auch mit unseren Haustieren tun:

  • Erkenne das arttypische Verhalten
  • Erkenne das Verhalten des einzelnen Individuum, um seine Botschaften zu verstehen
  • Reagiere angemessen, entprechend dem Standpunkt des Tiers

Dies ist eine großartige Übung, um unsere Kommunikationsfähigkeit zu verbessern und Empathie gegenüber jenen Spezies, Kulturen und Individuen zu fördern, die die Welt auf andere Weise sehen. Wir sollten uns bemühen, die Gefühle zu verstehen und zu respektieren.  Beginnen wir mit den Menschen und Tieren, die bei uns leben!

Bettina Küster
Hundepsychologin nTR