von
BETTINA KÜSTER
Am 10. Juli 2016 ist der damals zwei Jahre alte Elfos, ein Gos d´Atura Mischling, entlaufen und ein halbes Jahr später am 17. Januar 2017 wieder eingefangen worden. In Moers fand er im Juli 2016 ein neues Zuhause, aber nach wenigen Tagen und durch einen kurzen Moment der Unachtsamkeit konnte der sehr ängstliche Elfos, der sich natürlich noch nicht an seine neue Familie und die neuen Umstände gewöhnt hatte, aus dem Garten ausbrechen.
Die Rasse Gos d`Atura ist ein sogenannter Katalanischer Schäferhund, der hier in Deutschland noch keine weite Verbreitung hat. In seiner Heimat der nordspanischen Provinz Katalanien wird der rustikale Arbeitshund für die Beaufsichtigung von Herden eingesetzt. Er ist ein intelligenter Hund, der gerne eigene Entscheidungen trifft. Das passte auch zu den Beschreibungen von Elfos. Er wurde gesichtet, entkam wieder und tauchte unter. Ich wurde neugierig und verfolgte die ganze Aktion über Facebook und die Presse.
Elfos lebte in einem kleinen spanischen Örtchen mit anderen Hunden, bevor er als halbverhungerter Hund in die Tötung gebracht wurde. In der Tötung wurde er von der spanischen Organisation Perros con Alma gerettet, bevor er von Tierschutz Europa vermittelt wurde. Zwei Tage vor seinem Weglaufen war Elfos erst in Moers in seinem neuen Zuhause angekommen. Er hatte also gerade eine sehr lange und anstrengende Fahrt hinter sich und nutzte eine Chance, zu entkommen, als er alleine im Garten war. Und in Elfos Fall auch verständlich, denn er war die Freiheit offensichtlich gewohnt und wollte sie wieder haben.
Mich interessierte sein Sichtungs- und Laufprofil, so dass ich einen Fragebogen an die Besitzer – den Tierschutzverein Europa – schickte und diese so freundlich waren, mir alle Fragen zu beantworten, die ich stellte.
Nach dem Weglaufen von Elfos wurde eine riesige Suchaktion ins Leben gerufen, die mit dem Austeilen von Flyern und mit der Kontaktaufnahme zur Presse einherging. Auch eine eigene Facebookseite Elfos komm ins Warme wurde ins Leben gerufen und ständig mit neuesten Informationen bestückt.
In den Flyern, in der Presse und auf Facebook wurde explizit dazu aufgerufen, Elfos nicht einzufangen, da er ein sehr menschenscheuer Hund sei. Stattdessen sollte man die angegebene Telefonnummer anrufen. Leider gab es Menschen, die trotzdem versucht haben, ihn einzufangen. Das Resultat war, dass Elfos für mehrere Tage untertauchte und sich nicht zeigte. Elfos war ziemlich raffiniert in seiner Steunerzeit. Er ließ die Menschen zwar an sich herankommen, doch so bald diese zu Nahe waren, nahm er wieder Reißaus. Die Helfer mussten wieder eine neue Sichtung abwarten. Sobald eine neue Sichtung bekannt wurde, machten sich viele ehrenamtliche Helfer auf den Weg, um dort Flyer zu verteilen und anliegende Bewohner zu informieren, was zu tun sei, wenn man Elfos sieht.
Die eingerichteten Futter- und Schlafstellen an den Sichtungsorten nahm Elfos nicht an, wahrscheinlich ernährte er sich von Müll, erlegte Mäuse oder Kaninchen, was dafür spricht, dass es gewohnt war, auf der Straße zu leben.
So hatte Elfos einen Radius, der sich von Moers-Schwafheim bis Duisburg-Rheinhausen bewegte, in Moers-Scherpenberg und Duisburg-Homberg wurde er gesichtet, ebenfalls in Duisburg-Baerl, Rheinberg, Xanten, Alpen, Neukirchen-Vluyn, Krefeld-Hüls, Tönisberg-Neufeld, zuletzt Rheinberg-Borth und Rheinberg-Wallach, Rheinberg-Niederwallach. Er überquerte kurz vor Weihnachten sogar den Rhein und wurde in Duisburg-Walsum gesichtet, entschied sich aber nach ein paar Tagen, wieder auf die linke Rheinseite zu wechseln, was seine Überlebenschance natürlich erheblich erhöhte. Er legte in einem halben Jahr mehrere hunderte vielleicht sogar tausende Kilometer zurück und wenn es für ihn unangenehm wurde, wanderte er einfach weiter.
Es gab über Monate etliche hunderte von Sichtungen zu allen Tageszeiten und Elfos war immer unterwegs. Die allererste Sichtung von Elfos war in einem Park. Dort spielte er mit den Hunden im Park. Als dann bemerkt wurde, dass er ohne Mensch unterwegs ist, machte er sich sofort aus dem Staub. Ein weiteres Erscheinen von Elfos war als ein paar Mädchen spazieren gingen und sich unterhielten und Elfos sich zu ihnen gesellte und ein Stück mitging. Doch als er auffiel und angesprochen wurde, lief er sofort weiter und ließ sich natürlich nicht anfassen bzw. streicheln. So wurde er zum Beispiel am 10. Dezember 2016 in Tönisberg/Neufeld gesichtet und am 11. Dezember 2016 in Duisburg-Rheinhausen, die kürzeste Entfernung zwischen den beiden Orten beträgt 17 km. Bei seinem Sichtungs- und Laufprofil fällt auf, dass er sich Tage vor seinem Einfangen überwiegend und gerne in den Vororten von Rheinberg, wie Millingen, Wallach und Niederwallach aufhielt und wurde dort auch nahezu täglich gesichtet. Diese Vororte liegen alle sehr ländlich mit Weiden, viel Grün und ruhigen Plätzen, um sich perfekt zu verstecken. Ebenso gibt es dort nicht so viel Verkehr, wie beispielsweise in Moers oder Duisburg.
Man dachte über den Einsatz einer Distanznarkose nach. Doch letztendlich wurde eine Lebendfalle aufgestellt, an einer Stelle, wo er regelmäßig gesehen wurde. Diese Falle war mit Pansen und rohem Fleisch bestückt. Mittlerweile kannten die Helfer auch seinen sicheren Schlafplatz, wo er geschützt war und zur Ruhe kommen konnte. Am 17. Januar 2017 war es dann endlich soweit, Elfos konnte in der Lebendfalle gesichert werden. Bis auf die Tatsache, dass er stank und übersäht war mit Zecken, sah er hevorragend aus, es ging ihm sehr gut. Elfos wurde in eine geschlossene Pferdebox tranportiert um ihm ein Sicherheitsgeschirr anzulegen. Das funktionierte auch super. Zur Zeit befindet sich Elfos in einer Pflegestelle vom Tierschutzverein Europa. Er nimmt dort aktiv am Familienleben teil, schmust gern, geht gerne spazieren und tobt mit den anderen Hunden der Pflegestelle.
Täglich entlaufen Hunde aus Pflegestellen oder von ihren Besitzern, die entweder sehr ängstlich sind oder gerade erst hier nach Deutschland eingereist sind. Meistens sind es Hunde von der Straße, die hier mit dem Leben im Haus oder in der Wohnung nicht klar kommen, da sie vorher nur auf der Straße bzw. im Freien gelebt haben. Sie sind es nicht gewohnt, in geschlossenen Räumen zu leben oder durch Türen durch zu laufen. Außerdem können sie keine (verbalen) Signale von Menschen verstehen, da sie, wenn sie überhaupt welche kennen, nur spanische, im Fall von Elfos, verstehen. Doch bei Straßenhunden wie Elfos ist davon auszugehen, dass er auch kaum spanische Wörter kannte. Deutsche Wörter dann natürlich erst recht nicht. Hunde, die auf der Straße gelebt haben, reagieren sehr sensibel auf die körpersprachlichen Signale, die von Menschen ausgesendet werden. Die Hunde können diese 1. nicht richtig deuten oder 2. es versetzt sie in Panik. Einigen Hunden bleibt aus ihrer Sicht somit nur die Flucht übrig, da sie niemals zuvor mit Menschen zusammengelebt oder aber schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht haben. Da das noch zu häufig passiert, ist hier Aufklärung über die Aufnahme eines Hundes aus dem Tierschutz nach der langen Einreise eine wichtige Aufgabe. Vorzuschlagen ist hier eine Fortbildung: Eingewöhnung von Hunden aus dem Auslandstierschutz.
Erste sinnvolle Maßnahmen, wenn ein ängstlicher Hund einzieht:
Die Hunde sind noch gestresst von der langen Fahrt und benötigen sehr lange, um zur Ruhe zu kommen und um das Erlebte zu verarbeiten. Erwarten Sie nicht zu viel von Ihrem Hund. Lassen Sie ihn erst einmal seinen Jetlag ausschlafen und von selber aktiv werden. Es ist unumgänglich, den Hunden ein Sichertheitsgeschirr anzulegen wenn man mit ihnen rausgeht. Innerhalb der Wohnung/im Haus sollte man keine Tür offen stehen lassen, durch die ein Hund entwischen könnte. Hundeschulbesuche oder andere Aktivitäten sollten sie erst einmal nicht in Erwägung ziehen, damit der Hund erst einmal bei Ihnen ankommen kann.
Wo sich der süße Fratz Elfos gerade aufhält, kann man hier nachlesen.
http://www.tierschutzverein-europa.de/anzeige.php?lang=&id=7698
Bettina Küster
Hundepsychologin nTR
Trainerin für Diabetikerwarnhunde
47506 Neukirchen-Vluyn
www.gute-laune-dogs.de
Ich würde mich über einen Besuch auf meiner Facebookseite freuen.
https://www.facebook.com/gute-laune-dogsde-199906573437716/
Hallo Frau Küster,
wir haben Elfos Geschichte soweit möglich über Facebook verfolgt. Sie hat uns sehr an unseren Hund Telmo erinnert. Auch er wurde von Perros con Alma gerettet (mit über 20 anderen Hunden von einem Schrottplatz) und wir haben ihn (2013) ebenfalls über den Tierschutzverein Europa adoptiert. So wie Elfos hatte er die erste Chance zur Flucht genutzt und nur durch ein paar glückliche Zufälle haben wir ihn noch am gleichen Tag wieder bekommen. Ihren Vorschlag einer Fortbildung zur Eingewöhnung von Hunden aus dem Auslandstierschutz kann ich nur unterstützen. Ganz wichtig ist es nach unserer Erfahrung, sich mit der Kommunikation von Hunden zu beschäftigen. Statt auf das Dominanzgequatsche einiger leise sprechender Hundefachleute zu hören sollte man sich lieber fragen, wie Hunde in Sozialverbänden leben und überleben. Eine große Hilfe war uns damals die DVD „Pizzahunde“ von Günter Bloch. Wir haben uns danach gefragt, warum leben Hunde in Sozialverbänden, wie agieren und interagieren sie dort und wie funktioniert die Kommunikation innerhalb eines solchen Sozilaverbandes. Unsere Antwort: die Hunde finden dort Sicherheit und soziale Bindung, die jeweiligen Stärken und „Schwächen“ werden zum Vorteil aller Mitglieder genutzt, militärische Apelle oder Drill gibt es nicht und selbst ein dominantes Exemplar welches ständige Unterwerfung der anderen Mitglieder erwartet oder verlangt, sucht man vergebens. Genau so funktioniert es auch mit vielen Hunden aus dem ausländischen Tierschutz. Man muss (bitte nicht auf die Zeit sehen oder ungeduldig werden) eine Bindung aufbauen und den Hunden Sicherheit geben.
Leider werden viele Hundhalter ungeduldig weil es Hunde gibt die ein wenig länger brauchen um anzukommen oder um sich sicher zu fühlen. Unser Telmo war ein Angsthund der alleine ca. 10 Tage gebraucht hatte um genug Mut zu bekommen in den Garten zu gehen und fast ein halbe Jahr Training mit Uterstützung von 2 Hundetrainerinnen bis er beim Anblick der Leine nicht mehr panisch reagiert hatte. Meine Frau und ich wollen diese Zeit aber auf keinen Fall missen denn wir haben nicht nur von unseren Trainerinnen sondern auch von Telmo enorm viel gelernt. Diese Zeit hatte uns so stark beeindruckt, dass wir inzwischen ein Buch darüber geschrieben haben.
Herzliche Grüße
Christoph, Antje und Telmo
Hallo und vielen Dank für den interessanter Beitrag! Lesenswert
Tipp.
Danke!:-)